Wie viel Steinzeitmensch steckt noch in uns?
Zurück zum Ursprung. Klingt schön, aber vom Ursprung sind wir in der menschlichen Entwicklung mittlerweile meilenweit entfernt. Und auch wenn die Zivilisation für unseren Alltag so einige Vorzüge mit sich gebracht hat, so findet es unser Organismus nur mäßig toll, in welche Richtung wir uns in Sachen Ernährung entwickelt haben.
Werfen wir einen Blick auf den steinzeitlichen Menschen, so orientierte sich seine Ernährungsform an den damals verfügbaren Lebensmitteln: Fleisch, Wurzelgemüse, Früchte, nicht aber Getreide. Dieses wurde schließlich erst angebaut, als der Mensch sesshaft wurde und sich vom Jäger- und Sammler zum Ackerbauer entwickelte. Wirft man einen Blick auf all die Unverträglichkeiten, die den heutigen Menschen plagen, so drängt sich schnell die Frage auf: Wie viel Steinzeit steckt noch in uns?
Dr. Doris Eller-Berndl beschäftigt sich als Präventivmedizinerin seit Jahren intensiv damit, wie krank uns die Zivilisation macht und was wir dagegen tun können. Ihre Antwort auf die Frage nach dem Steinzeitmenschen in uns fällt eindeutig aus:
„Wir laufen mit 10.000 Jahre alten Bauplänen durch die Gegend!“
Selbst wenn wir heute weder so aussehen, noch so leben wie unsere steinzeitlichen Vorfahren, so hat sich das menschliche Grundgerüst und damit auch unsere Verdauung nur bedingt verändert. Wir überlasten unseren heutigen Körper nicht nur mit industriell produzierter Nahrung, sondern auch mit hochgezüchteten und für den menschlichen Organismus falschen Lebensmitteln.
Zu viel von allem
Dr. Eller-Berndl hält es für fatal, dass uns heute sämtliche Lebensmittel wie im Schlaraffenland in Hülle und Fülle und ohne jahreszeitliche Unterbrechung zur Verfügung stehen. Unser Körper hier in Europa sei darauf programmiert, dass wir uns im Winter anders ernähren, als im Sommer. Die Natur habe nicht damit gerechnet, dass wir uns bei winterlicher Kälte Südfrüchte im Supermarkt pflücken, so die Präventivmedizinerin. Eine Banane oder eine Papaya wächst in Gegenden, wo es das ganze Jahr Sonne und Hitze gibt und somit sind diese Früchte mit gänzlich anderer Energie aufgeladen. Mit dem Genuss von Südfrüchten im Winter stürzen wir unser Gehirn und unseren Körper in große Verwirrung: Während es rundherum kalt und finster ist, gaukeln wir ihm mit Obst aus fernen Ländern Hitze und Sommer vor. Und genau darin – den Körper nicht ins Chaos zu stürzen, liegt, neben ökologischen Argumenten, auch der wahre Hintergrund der Ernährungsempfehlung, regional und saisonal zu essen.
Dass wir gemeinhin viel zu viel Zucker, in raffinierter, aber auch in Form von Kohlenhydraten, die im Körper ebenfalls zu Zucker umgewandelt werden, zu uns nehmen, ist längst bekannt. Denken wir zurück an unsere steinzeitlichen Vorfahren, so war Zucker eine echte Rarität. Reife Früchte gab es nur in kurzen Perioden und selbst dann nicht in rauen Mengen.
Dr. Eller-Berndl hält fest, dass wir Menschen nicht für große Zuckermengen gemacht sind. Unser Gehirn jedoch sei ein echter Zuckerjunkie. Dies rührt auch daher, dass unsere steinzeitlichen Vorfahren mit ständigem Hunger zu kämpfen hatten. Wenn ihnen Süßes in Form von Früchten unterkam, war dies rar und besaß einen ganz besonderen Wert. Und natürlich hätten sie gerne mehr davon gewollt. Heute weiß man aber, dass Hungern sogar lebensverlängernd und Überfluss lebensverkürzend wirkt. Wer vor der Fortpflanzung ein karges Leben lebte, aktiviert damit Langlebigkeitsgene, die dann an die Nachkommen in zweiter Generation weitergegeben werden. Daher ist Dr. Eller-Berndl überzeugt, dass der Mangel an Nahrung unserer Großeltern bzw. der Kriegsgeneration bis heute positive Wirkung zeigt:
„Meine Generation profitiert immer noch davon, dass meine Großmutter gehungert hat!“
Mit Blick auf unseren heutigen Überfluss ist jedoch nicht davon auszugehen, dass auch unsere Generation Langlebigkeitsgene weitergeben wird. Rufen wir uns aber die ursprüngliche Ernährungsform unserer steinzeitlichen Vorfahren in Erinnerung und üben uns regelmäßig in Zurückhaltung vor dem ständig gedeckten Tisch, so erkranken wir weniger häufig an klassischen Zivilisationskrankheiten und verhelfen uns und unseren Nachkommen zu einem längeren Leben.