„Man muss ein bissl verrückt sein, sonst macht man das nicht. Bei uns ist es relativ leicht, weil wir klein sind. Aber wenn jemand 150 ha hat, kann er sich nicht spielen, so wie wir!“
Ein Faible für das Experimentieren
Seit 10 Jahren „spielt sich“ Markus Aichinger auf seinem Biohof in Lassee im Marchfeld mit Kräutern und Gewürzen, mit Ölen und Gemüse, wie er sagt. Wobei er mit „spielen“ sein Licht unter den Scheffel stellt, denn das Wort lässt nicht erahnen, wie viel Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und auch Wissen, das sich der Landwirt über die Jahre angeeignet hat, dahintersteckt. Aber es ist sofort klar, wie viel Spaß Markus das Tüfteln an neuen Erzeugnissen macht, selbst wenn die Geduld oft hart auf die Probe gestellt wird.
Der Knoblauch zum Beispiel sei jedes Jahr wieder für eine Überraschung gut, sagt der Landwirt ganz trocken und meint damit die Anfälligkeit für Krankheiten und optische Unzulänglichkeiten. „Heuer hatten wir die Braunflecken-Krankheit, dann gab’s ein Jahr, da war jede zweite Knolle kaputt und im allerersten Jahr haben wir zu lange getrocknet und es halbierte sich die Menge.“
In solchen Momenten ist Markus froh, nicht alleine von der Landwirtschaft und schon gar nicht von großen Lebensmittelhändlern oder Supermärkten als Abnehmer abhängig zu sein:
„Ich will kein Sklave von jemand anderem sein. Wenn’s nicht funktioniert, zahlt man sogar noch das Ausräumen von den Regalen.“
Und trotz Rückschläge, die man in der Landwirtschaft immer mitkalkulieren muss, würde Markus keine Sekunde überlegen, seine Nebenerwerbslandwirtschaft aufzugeben. Sein Job als Filialleiter eines Getreidehändlers macht ihm Spaß, aber dass der Biohof von ursprünglich 5 ha mittlerweile auf 21 ha angewachsen ist, zeigt, wo es den Landwirten langfristig hinzieht:
„Zehn Jahre tüfteln wir da herum. Jetzt trau ich mich sagen, wir haben schon fast alles durchgemacht, was es gibt. Aber man lernt immer wieder dazu!“
Das begehrte Naturheilmittel Schwarzkümmel
Begonnen haben Markus’ Anbau-Experimente mit den Herausforderungen beim Einhalten des Fruchtfolgewechsels, um den Boden nicht auszulaugen und ihm Nährstoffe zurückzugeben. So baute Markus vor Jahren Leindotter als Stützfrucht an und wusste nach der Ernte nicht, was er mit 180 kg davon machen sollte. Er ließ es zu Öl pressen und verschenkte es an Freunde und Bekannte. Die Idee, am Hof selbst Öle herzustellen, war geboren. Im nächsten Jahr traute sich Markus schon über den Schwarzkümmel drüber. Ein äußerst schwieriges Unterfangen, wie sich herausstellen sollte, weil die Pflanze dem Unkraut so viel Licht und Raum gibt. Dieses muss, um nicht ins Endprodukt zu gelangen, mühsam vor der Ernte gänzlich entfernt werden.
Schwarzkümmel besitzt über 100 Wirkstoffe, die in der Naturheilkunde zahlreiche Anwendungen finden. Seine regulierende Wirkung auf das Immunsystem kommt vor allem bei Entzündungen und auch bei Allergien zum Tragen. Das Schwarzkümmel-Öl enthält außerdem einen hohen Anteil der für den menschlichen Körper so wichtigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Auch Landwirt Markus schwört auf sein Schwarzkümmel-Öl: „Ich nehm seit zwei Jahren keine Pulver mehr oder nur mehr ganz wenig!“ Und mit „Pulver“ meint er Medikamente jeder Art. Spürt der Bauer, dass eine Krankheit im Anmarsch ist, weiß er sofort, was zu tun ist:
„Wenn’s mir schlecht geht, nehm ich 1 Liter Tee, 3 Esslöffel Schwarzkümmel-Öl und 1 Esslöffel Honig. Dann trinke ich den Liter, leg mich nieder und dann in der Früh bin ich gesund!“
Einen Arbeiter auf seinem Betrieb plagten schlimme Zahnschmerzen und Markus riet ihm das Schwarzkümmel-Öl genau an jene Stelle im Mund zu legen und siehe da: Das Öl betäubte die Wurzel und der Schmerz war weg.
Markus’ Nichte wiederum behandelt ihre zwei Hunde mit dem Schwarzkümmel-Öl und schwört auf das Naturheilmittel, das ihre Lieblinge komplett frei von Zecken hält.
Bei all dem Wunder, einen Nachteil hat das dunkle Gold: „Es ist wirklich grauslich“, lacht Markus. Aber auch am Geschmack tüftelt er und rät zu Folgendem:
„Es gibt einen Schmäh beim Schwarzkümmel-Öl: Trinkt man einen Teelöffel davon mit naturtrübem Apfelsaft, neutralisiert er den Geschmack. Dann ist es von 100% nur mehr 10% so grauslich!“
Den Kochlöffel schwingen oder Traktor fahren?
Wenn Markus von der Komposition seiner Salatöl-Trilogie (aus Kürbiskern- und Leindotteröl mit Rosmarin, Thymian und einem Hauch Chiliöl) erzählt, ist das noch so ein Moment, in dem sofort spürbar wird, dass er sich intensiv mit den Geschmacksknospen beschäftigt: „Man schmeckt zuerst das Kürbiskernöl, dann das Leindotteröl, das mit Thymian und Rosmarin versetzt ist und zum Schluss einen Hauch von mildem Chili- oder Paprika-Geschmack“. Für das „Anprasseln“ rät er aber zum Gewürzöl, denn das könne man erhitzen.
Das Tüfteln, Hantieren mit und Testen von Lebensmitteln hat Markus schon in seiner Kindheit fasziniert:
„Wie ich zehn war, wollte ich Koch werden. Aber meine Mutter hat gesagt, da muss man am Wochenende auch arbeiten, das wollte ich dann doch nicht!“
Aber Markus kocht bis heute gerne. Genauer nachgefragt, gibt Markus dann lachend zu, dass er nur vier bis fünf Gerichte in petto hat. Aber nach Rezept ginge alles, versichert er. Ob er denn eine große Hilfe in der Küche ist?
„Wenn ich Zeit und Lust und Laune hab, dann helfe ich meiner Freundin gerne beim Kochen!“
Teamwork am Hof
Und wie oft kommt Freundin Katharina am Hof zum Handkuss und muss mithelfen? Markus weiß, dass sie mit ihrem Job als Lehrerin und mit ihrer Musik (sie spielt in einer Bigband) genug eingeteilt ist. Natürlich hilft sie aus, wenn Not am Mann oder an der Frau ist, aber wirklich froh ist Markus, dass sie so nachsichtig mit seinen vielen Arbeitsstunden am Hof ist:
„Die Landwirtschaft ist sehr zeitintensiv und da braucht man eine geduldige Frau dahinter. Sagen wir so: Ich darf bis 20 Uhr arbeiten!“
Katharina muss für Markus von Zeit zu Zeit auf die Bremse steigen, weil dieser sich sonst „zu viel reinsteigern“ würde, wie er schmunzelnd sagt:
„Wenn ich im Urlaub nicht fortfliegen würde, tät ich nur arbeiten! Außer es ist Winter!“
Sobald die Tage aber wieder länger werden „bin i schon draußen und fahr eine Runde und schau, ob eh noch alles da ist!“. Wenn das Wetter passt, wird sich Markus schon in einem Monat, also im Februar, wieder auf den Traktor setzen und seiner Lieblingsarbeit am Hof nachgehen: „striegeln fahren“. – Dabei beseitigt er mit einem Gerät – einer Art Kamm – das Unkraut am Feld.
Kann gut sein, dass sich an der Arbeitsteilung am Biohof Aichinger dieses Jahr einiges ändern wird. Weil das Team Markus und Kathi so gut funktioniert, fusionieren die beiden:
„Im Juni heiraten wir standesamtlich und im August kirchlich. Also vor der Ernte und nach der Ernte!“