„Ich hab mir einen Ruf aufgebaut, zu mir kommen die Leute und fragen „Darf ich bei Ihnen Fleisch kaufen?“
Hans Moitzi, Bergbauer auf 1150 m aus Schönberg-Lachtal in der Obersteiermark, ist zu Recht stolz darauf, was er sich gemeinsam mit Frau Gudrun und dem Murbodner Rind in den vergangenen fünfzehn Jahren aufgebaut hat. Obwohl er selbst von einem Bauernhof in Spielberg stammt, war Hans ursprünglich auf gänzlich anderen beruflichen Pfaden unterwegs. 1995 packte ihn das Fieber für’s Fliegen – dem Paragleiten – und der Weg hin zur eigenen Flugschule war vorgezeichnet. Mehrere Wochen pro Jahr verbrachte Hans als Fluglehrer in den schönsten Fluggebieten des Kontinents.
Während eines Paragleitkurses in der Heimat lernte Hans Gudrun kennen und nicht viel später entschlossen sich die beiden dazu, den Hof von Gudruns Eltern zu übernehmen. Weil das Murbodnerrind ganzjährige Betreuung braucht und die Arbeit am Bergbauernhof zeitintensiv ist, geriet zwar Hans’ Fluglehrerleben, nicht aber das Fliegen, ins Hintertreffen.
Das Murbodner Rind - einst eine gefährdete Rasse
Ganz klein hätten sie mit der Landwirtschaft begonnen, sie von Beginn an aber biologisch geführt. Seine Frau habe ihn dahingehend erzogen, lacht Hans. Als studierte Umweltsystemwissenschafterin kam für Gudrun nichts Anderes als Bio in Frage. Bei der Wahl ihres Viehs am Hof war schnell klar:
„Wir wollten keine konventionelle Rasse, sondern etwas Hochgefährdetes.“
So kamen die beiden 2007 auf das vom Aussterben bedrohte Murbodner Rind. Nur mehr 2000 Stück habe es damals in Österreich gegeben, heute sei der Bestand auf 6000 Stück angewachsen. Bei ihm am Hof befinden sich heute zwischen 60 und 70 Stück des einfarbig braunen Viehs, das Hans selbst nachzüchtet und nicht zukauft.
„Der Tafelspitz vom Murbodner Rind war des Kaisers Franz Josef liebstes Fleisch.“
Natürlich war auch dem Kaiser anno dazumal nicht entgangen, dass das Murbodner Rind höchst feinfaseriges Fleisch liefert. Und das Fett, das zwar für den Geschmack besonders wichtig, aber heute von den Kunden und Kundinnen häufig nicht gerne tatsächlich gesehen werden möchte, versteckt sich zu einem hohen Anteil intramuskulär. Mit einem Lachen fügt Hans hinzu:
„Der Vorteil: Der Konsument sieht es (Anm. das Fett) nicht, aber das Fleisch ist sehr saftig!“
Das Murbodner Rind wächst langsamer und wird nicht so schwer, eignet sich also nicht für die industrielle Fleischerzeugung. Hans vergleicht das Wachstum seines Viehs mit dem eines Baumes:
„Es ist wie beim Holz: Umso schneller der Baum wächst, umso größer sind die Jahresringe und umso minder ist die Qualität des Holzes.“
Sein Murbodner Rind nimmt sich Zeit beim Wachsen und nach dem Schlachten gibt ihm Hans auch nochmal extra Zeit zum Reifen. Unter 14 Tagen Abhängen verlässt kein Fleisch seinen Hof.
Haltung beweisen
Hans ist ausgebildeter landwirtschaftlicher Facharbeiter und Fleischermeister, weiß also nicht nur wie er mit seinem Vieh umgehen muss, sondern auch wie er es später hochwertig verarbeiten kann. Aber Ausbildung hin oder her, am Ende geht es um die Einstellung zu den Tieren und der Natur, die den Unterschied macht. Für Hans ist es wichtig, dass er seine Tiere von Anfang bis zum Ende begleiten kann. Und dass sie selbst vor und beim Schlachten keinen Stress und keine Qualen erleiden müssen.
Der steirische Landwirt legt Wert darauf, in der Landwirtschaft im Einklang mit der Natur zu leben, keine Antibiotika einzusetzen, seine Tiere mit Respekt zu behandeln und auch keine Züchtungen einzusetzen, die zwar ertragreicher wären, aber bei denen die Lebensqualität der Tiere enorm leidet:
„Es gibt Rassen, reine Fleischrassen, die schauen aus wie Bodybuilder, sind aber zu hundert Prozent Kaiserschnittgeburten – da muss ich sagen, macht das Sinn?“
Nachhaltigkeit auf allen Ebenen
Und dann fällt ein Satz, der aufhorchen lässt, weil Hans vermeintlich gegen sein eigenes Geschäft mit dem Murbodner Rind redet:
„Heute kann sich jeder jeden Tag Fleisch leisten. Das ist der falsche Weg. Man sollte weniger Fleisch, aber wenn, dann ein vernünftiges essen.“
Wasser predigen und Wein trinken, so einer ist Hans gewiss nicht: Bei ihm zuhause gibt es 4x pro Woche Fleisch. Dass sich die Familie Moitzi mit nahezu allen Lebensmitteln selbst versorgen kann, auch daran arbeitet Hans intensiv. Sein nächstes Projekt ist der Bau von Fischteichen. „Dann hab ich alles selbst: Rinder, Schweine, Hendl, Fisch, Getreide, Obst und Gemüse“, sagt er stolz.
„Die Biobranche“, ist Hans überzeugt, „kann nur funktionieren, wenn man als Biobetrieb auch selbst Bio lebt.“ Darum kann er nicht nachvollziehen, dass es Biohof-Besitzer gibt, die zwar selbst biologische Lebensmittel produzieren, aber im Supermarkt konventionell hergestellte Ware kaufen. Er selbst konsumiert nur Bio und auch wenn es etwas mehr kostet, von Unsummen könne man da wirklich nicht sprechen. Immerhin ist mit dem Preis eines Lebensmittels auch sein Wert verbunden:
„Fleisch oder tierische Produkte sind Wegwerfprodukte geworden, weil es nichts mehr kostet.“
Bei all der ethisch korrekten Haltung, wie man als Bauer mit der Natur und den Tieren umgehen sollte, ist es Hans aber wichtig, festzuhalten, „auch wenn’s Bio ist, soll unter dem Strich was übrig bleiben“:
„Im Grunde muss man schauen, dass man als Vollerwerbsbauer leben kann. Nicht dass man im Nebenerwerb arbeiten geht und dann das Geld daheim reinstecken muss.“
So gesehen freut sich Hans, dass das Konzept, auf Murbodner Rinder zu setzen, aufgegangen ist, seine Kunden und Kundinnen die hochwertige Qualität seines Fleisches auch zu schätzen wissen und er mit Stolz auf seine Murbodner runterschauen kann, wenn er hoch in den Lüften segelt.