Gugaruz-Popcorn - das Testergebnis
„Gugaruz“, das ist Mais auf oberösterreichisch. Popcorn vom Bauern, das macht mich neugierig, obwohl mich Popcorn generell eher kalt lässt. Kurze Zeit später ist das Sackerl vor mir leer und ich habe nicht das Gefühl, gleich verdursten zu müssen. Gugaruz-Popcorn schmeckt tatsächlich anders – natürlich nämlich. Es ist knackig und eben nicht übersalzen. Die Pengelstorfers halten ihr Versprechen, dass man den Unterschied zu industriellem Popcorn sofort merkt. Joshi-Co-Gründer David wirft einen Blick auf die Nährwerttabelle und wundert sich, dass da kaum Zucker drin ist. Dieser Wert sieht bei herkömmlichem, industriellem Popcorn ganz anders aus. Wir Joshis geben Gugaruz-Popcorn unsere Bestnote. Die 12 Wochen Haltbarkeit braucht es bei uns nicht, so lange überlebt es sowieso nicht. Um uns zu zügeln, müssten wir wohl eher zu getrocknetem Mais greifen und damit selber rösten. Die ungerösteten Körner können ohne Bedenken 1,5 Jahre im Schrank stehen.
Popcorn vom Getreideweg
„Nach der 50er Geschwindigkeitsbegrenzung links abbiegen, die schmale Straße durch den Wald und dann kannst du eh nicht mehr aus!“ – So beschreibt mir Lisi Pengelstorfer am Telefon die Anfahrt zu ihrem und Andys Hof in Ternberg in Oberösterreich. Als sich der Wald lichtet, sehen wir schon das Aignergut, umgeben von seinen Maisfeldern. Getreideweg 10, eine Adresse wie aus dem Bilderbuch! Als wir in den Hof einbiegen, kommt uns Lisi mit dem schlafenden, zwei Monate alten Tobias im Arm, entgegen. „Wir müssen nur noch kurz warten“, sagt sie. „Gleich holt sich noch jemand unsere Popcorn-Maschine für ein Filmfestival in der Umgebung ab!“ In der Region hat sich längst herumgesprochen, dass Andy und Lisi Pengelstorfer Popcorn produzieren, das jedes industriell gefertigte Knabberzeug alt aussehen lässt.
Andy, der von sich selbst sagt, dass er sich niemals an Popcorn sattessen wird – während er zufrieden in die große Schüssel Popcorn vor uns greift – hatte bereits vor 10 Jahren die Eingebung, dass es doch möglich sein müsste, seinen Lieblingsknabbersnack selbst herzustellen. Aber damals besaß er weder einen Bauernhof, noch dachte er ernsthaft daran, die nächsten Jahre auf einem Feld in Oberösterreich zu verbringen. Die große, weite Welt wollte er stattdessen entdecken.
Lebenspläne sind dazu da, umgeworfen zu werden
Nach dem Abschluss einer Bau-HTL in Linz lockte Andy der Tunnelbau. In den unterschiedlichsten Ländern dieser Erde Verbindungskanäle zu graben, davon träumte er. Seine Pläne änderte er aber schlagartig, als er Lisi kennenlernte. Lisi, die selbst von einem Bauernhof abstammt, hatte ebenfalls nicht vor, sich jemals wieder an Hof, Vieh und Feld zu binden. Es kam wie so oft alles anders – ein Jahr später übernahmen die beiden den Hof von Andys Onkel und begannen im Nebenerwerb Ackerwirtschaft zu betreiben. Andys Idee mit dem Popcorn vom eigenen Betrieb poppte erneut auf:
„Lisi war skeptisch, wir haben es nur probiert, damit ich zum Sudern aufhöre!“
Einig waren sich Andy und Lisi aber in ihrer Einstellung, als Landwirt und Landwirtin nicht auf alten Trampelpfaden wandeln zu wollen: „Irgendetwas musst du machen, was nicht jeder hat!“ Dass Andy von allen Seiten hörte, dass seine Idee nicht funktionieren könne und dass es ganz sicher schon Popcorn vom Bauern gäbe, wenn es tatsächlich funktionieren würde, hat Andy nur noch weiter angefeuert:
„Der Drang war da, du willst es wissen: gehts, gehts nicht?“
Das Popcorn-Abenteuer
Über ein halbes Jahr haben die beiden in Österreich und in den Nachbarländern nach dem passenden Saatgut gesucht. Auf Feldern in der Größe zweier Bauparzellen starteten sie 2015 mit vier verschiedenen Maissorten den ersten Versuch. Der enorme Arbeitsaufwand des Popcorn-Abenteuers offenbarte sich spätestens bei der Ernte im Oktober. Weil man Popcornmais nicht wie jeden anderen Mais dreschen kann, da sonst die Körner Schaden nehmen, musste jeder einzelne Maiskolben händisch gepflückt werden. Wochenlang standen die beiden samt ihrer Familien, mit Baumscheren bewaffnet, in den Feldern, um einen Kolben nach dem anderen vom Stamm der Pflanze zu schneiden. Anschließend wurde jeder Kolben von Hand abgezogen. Lagen die großen gelben Körner endlich mal frei, wartete die nächste Herausforderung – wie bekommt man die Körner möglichst schonend vom Kolben? „Mit einer kleinen Maschine sind wir ewig lange dabeigesessen und haben Körndl abgelöst“, sagt Lisi.
Wenn der Tag zu wenige Stunden hat
Die Handarbeit ging mit dem Rösten der Körner schließlich in den eigenen vier Wänden weiter. Andy erinnert sich:
„Wie wir angefangen haben, haben wir alles in der Küche gemacht. Ich bin um 5 Uhr aufgestanden und das erste, was ich gerochen hab: Popcorn!“
Denn Lisi war ihm da schon drei Stunden voraus. Sie hatte schon um kurz nach zwei Uhr in der Früh den Ofen angeworfen, um den Schlaf ihrer heute 3-jährigen Lena zu nützen und in Ruhe Popcorn machen zu können. Ein halbes Jahr lang ging das so. Später starteten die beiden mit dem Rösten, sobald Andy um 17 Uhr von seiner Arbeit als Schwertransport-Fahrer zurückkam. Bis um Mitternacht ließen sie abertausende der Körner aufpoppen. „Da waren 24 Stunden fast zu kurz“, erinnert sich Andy an die überlangen Arbeitstage und viel zu kurzen Nächte. Einfach mal nichts tun, das gab es in den letzten Jahren nicht. Wie man sich bei so viel gemeinsamer Arbeit trotzdem nicht in die Quere kommt, erklärt Lisi so: „Jeder hat seine Arbeit die er tut, keiner pfuscht dem anderen rein!“ Wenn die beiden heute vom Anfang ihrer Erfolgsgeschichte erzählen, sind sie sichtlich selbst erstaunt über ihr Durchhaltevermögen. Andy fasst es scherzend zusammen:
„Eigentlich sind wir gescheite Psychos. Jetzt im Nachhinein gesehen!“
Der Erfolg lässt Zweifler alt aussehen
Es hätte schon einige gegeben, die nicht mit negativen Kommentaren gespart hätten, sagt Andy:
„Der spinnt ja komplett! Der kennt sich nicht aus! – Am Anfang war das schon hart.“
Und als die erste Ernte tatsächlich besten Mais einbrachte, da habe laut Kritikern einfach nur das Jahr bzw. das Wetter gepasst. Aufgeben war für die Pengelstorfers trotzdem nie ein Thema. Es dauerte nicht lange, da verstummten die Neider. Die stetig wachsende Nachfrage und das ausschließlich positive Feedback belohnte Andys und Lisis Einsatz. „Man kennt einen klaren Unterschied zu herkömmlichem Popcorn, es schmeckt natürlich und gut“ – das ist die Rückmeldung, die die beiden allerorts zu hören bekommen. Beim heurigen Traunviertler Wirtschaftspreis katapultierten sie sich unter mehr als 130 BewerberInnen unter die Top 3.
Andy freut sich auch über den positiven Wiedererkennungswert seines Gugaruz-Popcorns in der Region. Einen Tag vor unserem Interview hat er den heurigen Maria Neustifter-Kirtag dieses Mal nicht als Standler, sondern mit seiner Familie privat besucht und dort ein Gespräch einer anderen Familie mitangehört, die am Parkplatz den mit Gugaruz-Logo beklebten VW-Bus erspäht haben: „Schau, da steht der Gugaruz-Bus. Ich hab ihr Standl überall gesucht, aber sie sind nirgends gestanden.“
Die ehrliche Freude an der Arbeit, das positive Feedback und natürlich das bestens funktionierende Geschäft spornt Andy und Lisi an, den Popcorn-Weg weiterzugehen. „Wir möchten weiterhin alles selbst machen, damit die Qualität so gut bleibt, wie bisher“, sagt Lisi. Aus diesem Grund hat Andy seinen Zweitjob außerhalb der Landwirtschaft vor wenigen Monaten auf 20 Stunden zurückgeschraubt. Lisi und er wollen für KundInnen und Marktleute immer noch als ProduzentInnen spürbar und greifbar sein. Deshalb liefert Lisi nach wie vor jede Woche ihr Gugaruz-Popcorn in der Region selbst aus. Andy ergänzt:
„Dass das Authentische bestehen bleibt in Zukunft, das ist das, was ich mir am meisten wünsche.“
Innovation am laufenden Band
„Der Andy braucht immer eine neue Herausforderung“, sagt Lisi über ihren Mann. Andy muss über seine Frau lachen, denn die hat er mittlerweile auch mit seinem Erfindergeist angesteckt. Demnächst kommt nämlich ein Haubenkoch am Aignergut vorbei und Lisi wird mit ihm an neuen Popcorn-Geschmacksrichtungen tüfteln. Noch vor Kurzem habe Lisi gesagt „Sowas machen wir nie!“, und jetzt ist sie die treibende Kraft hinter den neuen Versuchen.
Ein Eissalon in Steyr hat ebenfalls schon mit Gugaruz-Popcorn experimentiert und ein Popcorn-Eis erschaffen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Andy seine Frau bei Folgendem noch umstimmt:
„Ich wollte mal Schnitzel damit panieren, aber Lisi war dagegen!“